Bedeutung der Kellergassen für das Weinviertel

Wusstest du, warum Kellergassen für uns Weinviertler so wichtig sind?

Über 800 Kellergassen mit über 30.000 Presshäusern zählt das Weinviertel. Ihre pittoreske Allgegenwart in unserer Landschaft ist aber nicht nur malerisches Leitmotiv – vielmehr sind unsere Kellergassen das wohl wichtigste und originärste Wahrzeichen unserer Weinviertler Identität. Denn Kellergassen – gibt es (fast) ausschließlich bei uns. Sie entstanden im Zuge neu gewonnener bäuerlicher Freiheit in einer einzigartigen Begegnung von Geschichte und Geografie. Außerhalb des Weinviertels sind sie nur noch an unseren unmittelbaren Grenzen zu finden: In manchen anderen Weinregionen Niederösterreichs, in Wien, in Südmähren, in der westlichen Slowakei oder vereinzelt im nördlichen Burgenland.

Kellergasse Wartberg, © Weinviertel Tourismus / Robert Herbst
Kellergasse Wartberg

Diese Einzigartigkeit der Kellergasse und die bezaubernde Schlichtheit der Architektur ihrer Presshäuser zog ab den 1980er-Jahren zunehmend Gäste an. Augenreibend stiegen sie aus ihren Autos, um dann in unseren „Dörfern ohne Rauchfang“ jahrhundertealter Weinbautradition nachzuspüren. „Man muss sich vor Augen führen, dass es so etwas wo anders nicht gibt“, sagt Architekt und Experte Christian Kalch, der sich seit Jahrzehnten mit der Wiederbelebung der Weinviertler Kellergasse beschäftigt, „und schon das allein begeistert Fremde – nicht nur, aber vor allem wenn sie dem Wein zugetan sind.“ Auf das wachsende touristische Interesse reagierte das Weinviertel zunächst mit der Ausbildung zum zertifizierten Kellergassenführer: Michael Staribacher, Projektentwickler bei der AgrarPlus Akademie in Laa an der Thaya konzipierte einen Lehrgang, der neben Entstehungsgeschichte, Weinbau und Presshaus-Architektur auch ein Kommunikationstraining beinhaltet und angehenden KellergassenführerInnen Grundlagen des Marketings und der Tourismuswirtschaft vermittelt. Seit 2002 steht die Ausbildung, heute sind über 650 Kellergassenführer im ganzen Weinviertel gut damit beschäftigt, interessierten Gästen spannende Hintergründe zu Geschichte, Architektur und sozialem Leben in den Kellergassen zu erläutern.

Angetrieben von der touristischen Nachfrage, verdichtet sich aber auch das Veranstaltungsangebot in den Kellergassen in den letzten Jahrzehnten zunehmend und reicht mittlerweile von Festen über Weinverkostungen bis hin zu Kultur-Events. Die „lange Nacht der Kellergassen“, bei der etwa in der Region um Poysdorf jedes Jahr eine andere Kellergasse bei Dunkelheit erkundet wird, feiert jährlich neue Besucherrekorde. Bei der eleganten (und meist früh ausgebuchten) Veranstaltungsreihe „Tafeln im Weinviertel“ bilden Kellergassen die historische Kulisse für moderne Spitzengastronomie. Und an Adventmärkten wie etwa in der längsten Weinviertler Kellergasse in Hadres – atmen die „Dörfer ohne Rauchfang“ mit ihren weihnachtlich dekorierten Presshäusern ein romantisches Flair, dem sich kaum ein Besucher entziehen kann.

Dabei ist es aber immer auch ihre Einzigartigkeit, die das Potenzial der Kellergasse ausmacht – für Gäste und Touristen ebenso wie für uns Weinviertler selbst. „Burgen, Schlösser, Kirchen – gibt’s auf der ganzen Welt,“ lächelt Architekt Kalch, „Aber das – gibt’s nur bei uns!“ Gut, dass wir das erkannt haben.