Lage & Entstehung der Kellergassen

Wusstest du, warum unsere Kellergassen meist außerhalb der Ortschaften liegen?

Wie Perlen, aufgefädelt an einer Kette: Unsere Kellergassen sind das malerische Wahrzeichen des Weinviertels – nicht zuletzt, weil viele von ihnen mitten in die Landschaft gesetzt scheinen und daher schon von weitem sichtbar sind. Manch ein Fremder erhebt voreilig den Verdacht, man hatte sie einfach nahe an die Weingärten gebaut, doch wer der Geschichte unserer „Dörfer ohne Rauchfang“ auf den Grund geht, stellt schnell fest – es war anders.

Denn als der sehr reformfreudige Kaiser Josef II. im Jahr 1785 eine Verordnung erließ, die es den früher leibeigenen Bauern ermöglichte, eigenen Wein anzubauen – standen ihre Höfe schon. Und sie standen nicht etwa wie in anderen Regionen als stolze Vierkanter-Solitäre am Feld – sondern reihten sich Haus an Haus in der Ortschaft, die sich wiederum gern in Senken und Geländevertiefungen vor Feinden zu verstecken versuchte, die als Hunnen, Awaren, Mongolen oder Schweden immer wieder über das Weinviertel hereinfielen. Wer hier einen Weinkeller bauen will, hat nicht nur wenig Platz – er muss auch das Grundwasser fürchten und die Fluten am Dorfanger nach einem Starkregen.

Also gingen die Bauern „hintaus“, manchmal nur wenige hundert Meter, manchmal mehrere Kilometer weit, auf der Suche nach einem geeigneten Plätzchen für einen Keller, in dem man den kostbaren Wein wohltemperiert kühl und dunkel lagern konnte. Dabei achteten sie zunächst auf eine möglichst entgegenkommende Bodenbeschaffenheit – denn wer mit Nachbarn, Freunden und Familie zu graben beginnt und dabei nur über einfaches Werkzeug verfügt, der freut sich über weichen, lehmigen Untergrund. Fündig wurden sie nicht selten in Hohlwegen. Denn hier, wo das Wasser über Jahrzehnte einen Weg von den leichten Geländeerhöhungen hinab in die Suttn, Richtung Ortschaft gebahnt hatte – ergab sich neben lehmig-weichen Böden noch ein weiterer Vorteil: Anstatt tief hinunter in die Erde, konnte man hier bequem geradeaus graben, in die Böschung hinein. Dabei achteten die Weinviertler Bauern allerdings immer darauf, dass über Kellerdecke mindestens drei Meter Erde blieben – nicht nur aus statischen Gründen, sondern auch um die perfekte Kellertemperatur von etwa 10 bis 12 Grad dauerhaft zu gewährleisten, in kalten Wintern ebenso wie an heißen Weinviertler Sommertagen.

„Loimgruibn“ oder „Laahmgrubn“ hießen diese Orte dann bald, an denen sich mit Beginn des 19. Jahrhunderts ein Keller zum nächsten gesellte, flankiert von Vorkappeln (abgemauerten Kellerhälsen) und Presshäusern, meist zweireihig entlang eines Hohlwegs als typische Kellergasse, in selteneren Fällen aber auch rund um ein Platzerl – dann sprechen Experten von einem „Kellerdorf“. Gemein ist ihnen allen ihre natürliche, ungeplante Entstehungsweise – ein Ergebnis aus geografischen Gegebenheiten und historischer, landwirtschaftspolitischer Entwicklung. Ihre Entstehungsgeschichte ist es, die unsere Kellergassen so einzigartig macht, dass man sie außerhalb des Weinviertels nur noch in unseren unmittelbaren Nachbarregionen findet. Und ihre Geschichte ist es auch, die unsere Kellergassen heute so schützenswert und begehrlich macht – für Gäste aus aller Welt. Für Weinliebhaber, Romantiker und Touristen. Aber vor allem: Für uns Weinviertlerinnen und Weinviertler.

Kellergasse Zellerndorf, © Weinviertel Tourismus / Robert Herbst
Kellergasse Zellerndorf