Trockenrasen

Wusstest du, dass Ziegen unsere Landschaft pflegen?

Wer vom Weinviertel schwärmerisch meint, es habe südliche Züge oder es gar mit berühmten, italienischen Landstrichen vergleicht, der denkt dabei zunächst an Weingärten, die sich über sanfte Hügel bis zum Horizont erstrecken und dort scheinbar unvermittelt mit einem Himmel treffen, der sich, wie es der Schriftsteller Alfred Komarek formuliert, „unverschämt“ über dem Land ausbreitet. Dabei sind es oft gar nicht nur die majestätischen Rebstöcke, sondern nicht zuletzt auch die Trockenrasenflächen, die unserer Landschaft ihren teils mediterran anmutenden Anstrich geben.

Inselartig sind diese auch als Heide oder Steppenrasen bezeichneten Flächen überall im Weinviertel verbreitet, es gibt kaum eine Region, in der man nicht zumindest noch Reste davon findet. Entstanden sind sie ursprünglich aus Weideflächen für Ziegen und Schafe, denen man die eher mageren Landstriche zur Futtersuche überließ: Flachgründige Böden, sonnenverwöhnte, trockene Südhänge, an denen das Wasser schnell abrinnt und kaum gespeichert werden kann – Böden, aus denen man landwirtschaftlich nicht viel herausholen konnte, während man für den Ackerbau fruchtbarere Gründe vorzog. Doch auch wenn ihr Name Kargheit und Durst suggeriert – Trockenrasenflächen sind ein wahres Eldorado der Artenvielfalt, mit hunderten Tierarten und abertausenden teils seltenen Pflanzenarten, die hier ihr Zuhause finden: tatsächlich zählen unsere Weinviertler Trockenrasenflächen zu den artenreichsten Lebensräumen Österreichs!

Allein unter den pflanzlichen Bewohnern unserer Heidelandschaften, gäbe es zahlreiche Raritäten zu besingen – die Große Kuhschelle etwa, die Frühlings-Adonis oder die Zypressen-Wolfsmilch. Aber auch wesentlich bekanntere (dabei aber nicht minder gefährdete) Pflanzenarten gedeihen hier prächtig: So findet sich etwa am Buschberg in den Leiser Bergen das größte Wacholder-Vorkommen in ganz Ost-Österreich. Als „Sonnenanbeter“ ist der Wacholder ein typischer Vertreter offener Lebensräume – und schätzt es sehr, wenn ihm grasende Tiere konkurrierende Nachbarspflanzen vom Leib halten, ihn selbst aber aufgrund seiner Nadeln verschonen. Nicht nur Gin-Freunde schätzen seine vielfältige Nutzbarkeit, auch Drechsler und Schnitzer greifen gern zu seinem duftenden Holz. Zum „Baum des Jahres“ wurde er 2017 in Österreich gekürt – auch um auf seine Gefährdung hinzuweisen.

Denn wo die Schafe und Ziegen nicht mehr grasen, verbuschen unsere Trockenrasen-Gebiete, verschwindet eine immense Artenvielfalt. Dieser Bedrohung begegnet man im Weinviertel mit Beweidungsprojekten, wie etwa in Retz am Gollitsch mit Schafen oder am Fuße von Burg Falkenstein, wo sich eine große Ziegenherde um die Heidelandschaftspflege kümmert. Projekte wie diese zielen aber auch darauf ab, Naturschutz als Nebenprodukt traditioneller Nutztierhaltung zu etablieren – dabei wird darauf geachtet, dass sich die Haltung von Weidetieren auch finanziell wieder rechnet, wenn sich etwa Schafe auf den Speisekarten regionaler Wirtshäuser wiederfinden.

So sehr wie der Mensch also an der Entstehung unserer Trockenrasenlandschaften mitgewirkt hat, so sehr ist er auch für ihr Verschwinden verantwortlich – im Weinviertel haben wir das erkannt und sind bemüht, den Kreislauf wieder in Gang zu bringen.