Besetzung & Tanz

Wusstest du, was „Hoamblasn“ ist?

„Nur fesch“, „Verliebte Augen“ „Ihr zu Lieb“ und „Der erste Kuss“ – die Titel der vielen Hits, die der „Walzerkönig des Weinviertels“ Josef Krickl schrieb, lassen keinen Zweifel ob der wahren Bestimmung der Weinviertler Kirtagsmusik: „Heit is Kirito“ meinte immer auch heute wird getanzt, gefeiert, geliebt. „Die einzig originäre Weinviertler Musikrichtung ist daher einfach mal Tanzmusik.“, lacht Martin Haslinger, Experte für Weinviertler Kirtagsmusik. Ihr Vorbild ist die Wiener Salonmusik des 19. Jahrhunderts, in den k.u.k-Militärmusikregimenten lassen sich die Weinviertler Komponisten von Strauß und Ziehrer inspirieren und vereinfachen die Musik in ihren Werken für die Weinviertler Bühnen. „Den Ursprung jedoch erkennt man schon an der Besetzung“, erklärt Haslinger, „Als Streichergruppe wirkten eine erste Geige, eine zweite Geige, eine Bratsche und ein Kontrabass. Die Bläsergruppe bildeten eine Querflöte, zwei Klarinetten, zwei Trompeten, zwei Wiener Hörner und eine Posaune.“ Dazu gab ein Schlagzeug den Takt an. Am Kirtag selbst jedoch musste ein großer Teil „auf Blech“ gespielt werden – nicht zuletzt, weil Streichorchester zum Marschieren nicht geeignet waren.

Der Kirtag begann damals noch am Sonntag zu Mittag – mit dem sogenannten Stücklblasen vor dem Gasthaus. Damit war eine Reihe musikalischer Auftritte eröffnet, die (wie so vieles am Weinviertler Kirtag) einem traditionell festgelegten Regelwerk folgten. Dazu gehören das „Einblasen“ der Kirtagsbesucher aus den Nachbarorten, das „Einspielen“ auf der Kegelstatt oder auch das „Hoamblosn“ am Ende des Kirtags. „Das musikalische Highlight jedoch war zweifelsohne das Nachmittagskonzert auf der Tanzbühne.“, erklärt Haslinger, „Hier präsentierte die Kapelle ihr Können und rückte einzelne Musiker anhand von Solostücken besonders ins Rampenlicht.“ Schließlich ging es darum, rechtzeitig die Verpflichtung für den Kirtag im nächsten Jahr zu sichern.

Auf der Tanzbühne erlangte die Weinviertler Kirtagsmusik aber auch ihre wahre Bestimmung. Wenn nämlich Herr Weinviertler Frau Weinviertlerin endlich zum Tanze auffordern konnte, wenn Liebesgeschichten begannen oder sich vertieften – zu Stücken mit klingenden Titeln wie „Blumenkorso“ oder „Nachtschwalbe“. Das Schritterepertoire der Weinviertler Kirtagsgeher bestand dabei im Wesentlichen aus Polka Mazur, Polka Francais, Galopp, Marsch – und natürlich aus Walzer. „Denn auch auf der Tanzfläche trachtete die Weinviertler Kirtagsmusik nach dem Vorbild der damaligen feinen Wiener Gesellschaft.“ Dass die Musik dabei (der Virtuosität der Musiker entsprechend) in ein etwas langsameres Tempo verfiel, kam den Tanzpartnern auf der Bühne gerade recht. Für Haslinger ist es aber gerade diese Einfachheit, die der Weinviertler Kirtagsmusik ihren besonderen Stellenwert einräumt: „Im Weinviertel ist Vieles heute besonders, das früher vielleicht aus der Not heraus entstanden ist, einfach weil es damals nicht anders ging. Die exotische Lage unserer Kellergassen zum Beispiel. Die einzigartige Form unserer Presshäuser.“, sagt der Musiker, der die damalige Musik heute selbst in einer Kapelle am Leben erhält. „So ist es auch ein bisschen mit der Weinviertler Kirtagsmusik. Sie kommt ohne ungewöhnliche Formkonstruktionen aus: Schön einfach – und einfach schön.“