Presshaus-Sanierung

Wusstest du, was du beachten musst, wenn du ein Presshaus besitzt?

Die Wiederentdeckung der Kellergasse als Veranstaltungsort, als touristisches Ziel – aber vor allem als Wahrzeichen des Weinviertels und unserer Lebensart – führt zu einem gesteigerten Interesse an Kellern und Presshäusern. Viele Besitzer intensivieren ihre Pflege oder denken über eine Sanierung nach, in sozialen Medien bilden sich Gruppen und auf Web-Plattformen wie der Kellerbörse Niederösterreich (www.kellerboerse.at) können sich Kaufinteressenten nach passenden Objekten umsehen – die Preise befinden sich je nach Lage und Zustand bereits im Aufwind.

Innerhalb dieser an sich begrüßenswerten Entwicklung ist es wichtig, dass sich aktuelle wie künftige Kellerbesitzer und Presshausherren ihrer Verantwortung bewusst sind. Denn wie jedes Kulturgut von historischer Bedeutung, sind auch unsere „Dörfer ohne Rauchfang“ in hohem Maße schützenswert. In den 1970er und 1980er Jahren wurden etwa viele Presshäuser aufgestockt, um darüber Trinkstüberln, Partyräume oder gar Wohnungen einzurichten: Das Ergebnis sind Bausünden, die das Gesamtbild einer Weinviertler Kellergasse nachhaltig beeinträchtigen oder gar zerstören können. Manche Städter fanden in Kellergassen billige Wochenend-Domizile und bauten Presshäuser nach dem stilistisch fragwürdigen Vorbild einer Schrebergartensiedlung zu Wohnhäusern um. Aber auch gut gemeinte „Verschönerungsmaßnahmen“ im Zuge einer Presshaus-Sanierung können Schäden anrichten – einfach nur durch mangelndes Wissen über die Tradition der Weinviertler Kellergasse seitens Besitzer oder Handwerker. Dann wird etwa mit makellosem Edelputz gearbeitet, mit Sockeln, die sich leicht reinigen lassen, mit scharfen Kanten, mit ziegelumrandeten Fenstern und hellrot leuchtenden neuen Dächern, die mit Biberschwanz-Ziegeln eingedeckt sind.

„Einmal mehr geht es auch bei der Sanierung von Presshäusern und Vorkappeln darum, die Schönheit der Schlichtheit zu erkennen – und die Entstehungsgeschichte unserer Kellergassen!“ rät Architekt und Experte Christian Kalch. Das unverzichtbare Standardwerk für alle, die ein Presshaus erhalten oder sanieren möchten, ist Helmut Leierer’s Baugestaltungs-Fibel „Zukunft Kellergasse“. Es zeigt auf gut verständliche und gleichzeitig unterhaltsame Weise mögliche Probleme bei der Renovation auf und führt dann Schritt für Schritt durch die architektonischen Charakteristika eines Weinviertler Presshauses – von der Dachgestaltung über Mauerwerk, Putz, Böden und Stufen bis hin zur Einrichtung von Vinothek und Kellerstüberl. Aber auch auf kellerboerse.at erfahren wissbegierige Weinviertler, warum Dachrinnen, Nut- und Federbretter und gefärbte Sockel an Presshäusern nichts verloren haben – und viele weitere spannende Hintergründe rund ums Presshaus. „Das Wissen über diese Dinge sollte jeder Weinviertlerin, jedem Weinviertler ins Blut übergehen.“ sagt Kalch – und spricht von einer moralischen Verpflichtung, Presshäuser und Keller zu schätzen und in gepflegtem, historisch korrektem Zustand zu erhalten. Vielleicht aus Gründen der langfristigen Wertsteigerung – aber vor allem aus Liebe zu unserer Geschichte. Schließlich sind die Kellergassen das unumstrittene Wahrzeichen unserer Weinviertler Identität.